Donnerstag, 5. November 2015

Ensiferum - Victory Songs (2007)


Frontcover

Auf die Finnen von Ensiferum kam ich über meine Freundin. Nicht dass mir der Name vorher nichts gesagt hätte, aber ich hatte bislang noch kein allzu großes Interesse daran gefunden, mich damit zu beschäftigen, unter anderem auch – weil mich die ganze Pagan Ecke nur rudimentär interessiert. Während ich Ihr also den Black Metal schmackhafter machte, linste ich auf ihre Last.fm Playlist und da waren vorne ganz groß dabei, NORTHER und ENSIFERUM. Zwischen diesen beiden Bands besteht ein nicht unerheblicher Zusammenhang, stieg Fronter und Gründer von Norther, Petri Lindroos doch 2004 als Sänger bei Ensiferum ein. Norther warf ihn 2009 dann mehr oder weniger aus seinen eigenen Band raus weil sein Engagement bei Ensiferum die Arbeiten bei Norther behindern wurden, veröffentlichten noch ein mittelmäßiges Album und lösten sich danach 2012 nach 18 Jahren Bandbestehen auf.
Eine kleine Anekdote habe ich noch, Ensiferum ist die einzige Band, welche ich bis heute scheinbar unberechtigt, bzw. zu oft auf meiner Seen-Live Liste notiert habe. 2010 wähnte ich mich recht sicher, sie live auf dem Summerbreeze gesehen zu haben, wenngleich etliche Zeugen anderes erzählten. Tatsächlich und fundiert nachgeholt habe ich dies später auf jeden Fall auf dem Nifelheim Festival in Stuttgart.

Aber genug der Vorworte, starten wir mit „Ad Victoriam“ welches mit leicht stürmisch klingenden Naturgeräuschen startet, bevor erst ein Reiter vorbei reitet und dezente, angenehme Klänge gleich wunderbar einen medivalen Flair verbreiten. Ich könnte mich an dieser Stelle sofort in irgendein RPG versetzt fühlen, als angenehme Ingame und Hintergrundmusik. Der Song baut sich aber stetig aus, fügt passend neue Instrumentierungen hinzu und gewinnt deutlich an Größe und Epik. Endet schlicht, aber kein bisschen langweilig. Starker Einstieg. 8 Punkte

Erschienen bei: Drakkar Records / Spinefarm Records
EAN-Nr.: 886970766029
Katalog-Nr.:  DRAKKAR 118

Die erwähnten Pferde, für mich schon zu viel
des Guten...
Blood Is The Price Of Glory” klingt nicht nur gleich unwesentlich blutrünstiger, sondern wirft das Schlichte und Erhabene mit einem Kriegsschrei hinfort und prügelt direkt los. Der Song geht sehr direkt und flott nach vorne, schafft es dabei aber mit sehr melodischen Gitarrenriffs und dezent in den Hintergrund getretenen, sphärischen Klängen, gleichzeitig sehr eingängig und wiedererkennbar zu sein. Die Growls verleihen dem ganzen zusammen mit den gnadenlosen Drums eine gewisse Aggressivität, was aber mitnichten langweilig gestaltet ist. Durch diverse Gitarensoli, Spokenwords und Chöre gegen Ende des Songs ist mehr als genug Abwechslung geboten, ohne aber sich dabei zu verlaufen und an Grundstruktur zu verlieren. Eine durchaus ansprechende Ansage. 8,5 Punkte

Nicht viel friedlicher klingt „Deathbringer From The Sky“ und wartet mit sehr markanten Riffs zu Beginn auf. Ich bin kein Fan von übertrieben aufgeschwollenen Genrebezeichungen, ein Viking, Celtic oder was auch immer, gibt es in meinen Augen nicht wirklich, das ist eher was für die Marketingabteilung, analog dazu auch so Spaßbezeichungen wie Nautic Doom (Ahab). Das hat mehr mit Imagegründen, denn mit wirklich nennenswerten musikalischen Unterschieden zu tun. Was ich hier höre ist, größtenteils sehr ansehnlicher Melo-Death mit starken Pagan und Folk Einschlag. Mehr Genres brauche ich nicht, um das Klangbild zu umreißen. Wir haben gewöhnliche, aber gut gemachte Growls, melodische Riffs, ein Keyboard, das ein oder andere eher ungewöhnliche Instrument um den ganzen den gewünschten Flair zu geben und dazu passend eingesetzt immer mal wieder Chöre um auch der Epik Tribut zu zollen. Das ist gut gemacht, keine Frage – aber schon jetzt habe ich ein wenig das Gefühl, das Rezept „Ensiferum“ verstanden zu haben. 8 Punkte


Ahti“ windet und rauscht wieder, oder ist es eine Meeresbrandung? Viel Zeit haben wir nicht, uns das durch den Kopf gehen zu lassen, denn sofort klimpert es los. Sonderlich effektiv war das „Intro“ des Songs nicht, wenngleich die Absicht durchaus erkennbar. Auch hier geht es gleich wieder flott vorne raus und mich umwebt eine fröhlich-hüpfende Stimmung, was aber leider nicht so ganz meins ist. Und hier werden erste Abnutzungserscheinungen für mich schon sichtbar. Trotz aller Variationen im Song, und die sind in der Tat häufig vorhanden, ist das „Grundthema“ fast schon erschreckend austauschbar. Die Drums rattern im gefälligen, fast durchgehend gleichen Rhythmus – auch Songübergreifend, dazu flitzen die Finger über die Gitarrenbretter zwar filigran, aber immer in dieser feucht-fröhlichen Klaviatur der Töne. Nach nicht mal einer Viertelstunde wünsche ich mir langsam einen Bruch im Songwriting, eine Dramaturgie oder irgendetwas, was die wirklich nicht schlecht gemachten Lieder einfach nur mehrdimensionaler wirken lässt. Bedeutungsschwangerer wäre vielleicht das passende Wort… 7,5 Punkte

... ansonsten ist die Gestaltung sehr
stimmig und ansprechend, gute Bilder!

Was wir brauchen ist „One More Magic Potion“ – die Flötengesänge sind immerhin ein neuer Auftakt, aber sonst ändert sich nicht sonderlich viel. Wieder ein flotter, sehr melodischer Song und Mitschunkelchören. Dass das gar so schunkelig wird, finde ich fast schon schade, weil das nicht mal episch wirkt wie bei den Liedern zuvor. Klar ist Dynamik vorhanden, vor allem wenn die Growls hie und da zwischen den Zuckersüßen Melodien einsetzen, als wären sie nur kurz verstummt um nochmal Luft zu holen, aber sie tragen diese energische Energie eben nur die ersten paar Silben. Wäre es nicht so schnell gespielt und gesungen, man könnte hier sicherlich schön mitsingen, schreien oder was auch immer. Aber mir ein wenig zu fröhlich und nicht das, was ich mir nun gewünscht hätte. 7 Punkte

Wir suchen also verzweifelt nach einem Lied, das irgendwie aus der Reihe tanzt, hervorsticht und den Klangkosmos überraschend und sinnvoll erweitert und stecken alle Erwartungen daher in „Wanderer“. Findet er sein Ziel, oder verläuft er sich? Und überraschend ist die eingeschlagene Richtung, in welche er schlendert gar nicht so verkehrt. Bisschen Flöte, viel Keyboard, gemütliche, aber weitläufige Atmosphäre kommen dem ersten Song des Albums wesentlich näher. Und als die Gitarren und der Gesang einsetzen, sind diese erfrischend beruhigt, kein eifriges Umherhüpfen sondern heruntergefahren, getragen und lassen sofort aufhorchen. Der Klargesang vermittelt auch gleich ein völlig anderes Bild und endlich tut sich etwas. Hier kann man sicher noch viel, viel besser mitsingen, aber diesmal wird es relevanter, die Melodien sind gezielter eingesetzt und eingefangen und nicht stetig davonspringend. Der ganze Song wirkt viel dynamischer, weil endlich erkannt wurde, dass bei permanenten Vollgas eben kaum große Sprünge machbar sind und das Vorbeiziehen der Landschaft zu einem Zerrbild verschwimmt. Das hat es gebraucht, das haben wir bekommen und das ist gut so! 8 Punkte

Überraschend war es jetzt aber auch nicht, dass „Raised By The Sword“ langfristig wieder dort anknüpft, was davor geschah. Der Einstieg ist recht ruhig und gelungen gestaltet, eine lang angehaltene, verloren wirkende Melodie über welche das Drumgewitter hereinbricht bevor der Stimmeinsatz als geballte Kraft dem ganzen einen Schub geben. Diese Spielerei taucht noch ein paar Mal auf und ist gut für, das inzwischen sicherlich inflationär verwendete Wort – Dynamik. Diese kleine zusätzliche Spielerei ist neben der Abwechslung durch den Vorsong aber schon ausreichend um den Song und das Album spannender zu halten. Ich will diese Parts, an denen es sich auch mal lohnt die Faust zu ballen. Immer nur feiern und hüpfen ist langweilig. Geht doch! 7,5 Punkte

Tracklist und Backcover
Es folgt ein kurzes Intermezzo namens „The New Dawn“ welches aber leider alles, mühsam errungenes wieder in den Wind schießt, kaum Neues dazu fügt und irgendwie einfach nur das zusammenfasst, was wir Anfangs das Album über gehört haben. Nicht schlecht, aber leider auch nur so naja… 6 Punkte

Na dann wollen wir mal schauen ob das Albumnamengebende Abschlussstück „Victory Song"  mit seiner epochalen Länge von gut 10 Minuten dies besser macht. Die Anfangsklänge sind okay, recht ruhig und versuchen erneut wieder Atmosphäre zu erzeugen, gelingt bedingt. Entspannt aber auf alle Fälle. Das klimpert fast an die zwei Minuten so vor sich hin, das Schlagzeug setzt zunehmend ein bevor die Gitarren und das Keyboard übernehmen und den Song wie die Ären im Winde schaukeln. Das ist ganz nett, aber nicht zwingend und so dauert es über drei Minuten bevor sich langsam, ich betone wirklich langsam, das Songwriting sich anschickt mehr Schwung zu übernehmen. Abwechslung nur bedingt, weil wir leider in gewohnte Schemata verfallen. Die Chöre sind passend gesetzt und gut, aber leider auch nicht mehr wirklich neu. Hie und da gibt es ein paar schöne Headbangermomente, aber sonst ist es eher ernüchternd. Auch Tempowechsel hin oder her, täuscht dies alles nur schwer darüber hinweg, dass der Song leider einfach irgendwie ein wenig zu lang ist und allein durch seine Länge mehr verspricht als er hält. Er kommt erst kaum in Fahrt, unterscheidet sich größtenteils nicht großartig von dem was wir bisher gehört haben und eben nicht so ein besonderes Schlüsselerlebnis besitzt, welches man sich von ihm erhofft. Das Outro ist auch ganz nett, zieht sich über eine Minute aber zwingt mich jetzt nicht, alles nochmal von vorne anzuhören. Schade… 6 Punkte

Cover:

Das in braun-grünen Tönen gehaltene und gemalte oder gezeichnete Cover zeigt einen Krieger auf einem Pferd und ein paar verwundete oder tote Soldaten am unteren Rand. Das ist soweit recht unspektakulär, aber schafft es auch, durchaus mögliche Peinlichkeiten zu umschiffen. Die Szenerie ist klar auf die musikalische und thematische Richtung ausgerichtet, das ist vollkommen in Ordnung, nicht lieblos aber dennoch stereotypisch und in meinen Augen nicht sonderlich hervorstechend, stabile 6 Punkte hierfür.

Lyrics sind alle vorhanden, Schriftart ist stimmig aber auch nicht untypisch – Bandfotos sind alle in Rüstung und professionell, einzig das Foto unterhalb der rostrot/braunen CD mit dem Abdruck des Reiters vom Covers, finde ich ein wenig übertrieben wie sie da zu fünft auf fünf Pferden sitzen und dem Betrachter entgegen schauen. Nochmals 6 Punkte hierfür.


Fazit:

Rein technisch geben sich Ensiferum überhaupt keine Blöße und liefern weit über Durchschnitt ab. Sie verstehen spieltechnisch ihr Handwerk gut und gehören nicht ohne Grund zu den besseren ihres Genres. Was mir aber ein wenig fehlt ist aber irgendwie die Emotionalität, wodurch die Songs nicht beiläufig, aber leider doch uninteressanter für mich werden. Emotionalität ist mir persönlich in der Musik enorm wichtig. Dass muss nicht zwingend tiefste Trauer, Wut oder Zorn sein, aber mir fehlt ein wenig dieser Spannungsbogen den diese Emotionen zwangläufig mit sich bringen und mit dem man auch bewusst spielen kann. Auf mich wirkt es teilweise zu nichtssagend heiter, weswegen ich die Band und jetzt speziell das Album für gut, aber leider nicht für überragend halte. Mir fehlt ein wenig der Mehrwert beim mehrmaligen Durchhören. Hie und da schaffen Sie es, dieses Manko zu umgehen, aber leider nicht immer. Schade…


Gesamtergebnis: 7,05

Gesamtspielzeit: 49:56
Durchschnittsdauer: 5:33
= doppelte Wertung Track 9

Liedqualität: 7,25 (3x)
[ 8 + 8,5 + 8 + 7,5 + 7 + 8 + 7,5 + 6 + (2*6) ] / 10 = 7,25
Cover: 7,0 (1x)
Cover: 6
Lyrics: 10/10 = 10
Aufmachung: 6

Abwechslung: 6,5 (1x)

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