Sonntag, 31. Mai 2015

Nightwish – Century Child (2002)


Frontcover

So, heute gehen wir wieder etwas weiter zurück in die Vergangenheit was die Veröffentlichung angeht, als auch zurück in die Zeit als an eine Affinität zum Black Metal noch undenkbar war. Und – diese Spitze verkneif ich mir nicht, bei Nightwish noch eine gestandene Sängerin und kein Popsternchen hinter dem Mirko stand. Dann mal los…

Bless The Child“ fängt schon mit einem Art Chor und viel Keyboardsphäre an, steigert sich aber gleich von Anfang an bis die ersten Gitarren einsetzen und eine männliche Stimme mehr spricht denn singt. Aber das hat auf jeden Fall eine positive Dynamik, spätestens als dann auch das Schlagzeug noch einsetzt. Die Musik geht zuckersüß ins Ohr und entfaltet sich vollständig mit dem Einsatz von Tarja. Das ist kein bloßes Gesäusel, sondern eine voll ausgebildete Opernstimme sodass hier auch schon einiges an Tiefe im Gesang liegt. Es gibt ein paar kleine Momente wo dies wirklich magisch trifft, leider nicht immer und ich finde der Song fällt zwischendurch auch ein wenig ab. Zwar wird versucht ihn auch so abzurunden wie er angefangen hat, zwischendrin wird die Instrumentalisierung zurückgefahren, aber er hat ein klein wenig seine Längen und hält die Spannung nicht durchgehend. Trotzdem ein passabler Einstieg. 6,5 Punkte

Direkter steigt „End Of All Hope“ ein und legt sofort los. Klar darf hier kein brutales Geknüppel erwartet werden, es ist ein bombastisches, symphonischer Dampfer der sich hier durch die Wellen schiebt, kein MG beladenes Schnellboot. Stimmlich ist durchaus Varianz vorhanden, bin mir auch nicht sicher ob da nicht schon wieder ein Chor mitsingt oder einfach die Tonspur der Sängerin mehrmals aufgenommen wurde. Es klingt auf jeden Fall groß und kräftig. Ich find das soweit ganz okay, versetzt mich heute aber auch nicht wirklich mehr in Ekstase, was es eigentlich früher auch nicht getan hatte – egal. 6,5 Punkte

Erschienen bei: Drakkar Records / Spinefarm Records
EAN-Nr.: 743219430229
Katalog-Nr.: DRAKKAR 031
Dead To The World“ – das fängt definitiv mit Chor an, bevor es mit Keyboardgefrickel überschüttet wird. Vor meinen Augen fühlt sich das wie eine Lamettaexplosion mitsamt blinkender Glitzerkanone an, ein bisschen zu viel des Guten – aber zum Glück fängt sich der Song schnell. Die männliche Stimme ist ein willkommener Gegenpart und der im Hintergrund einsetzende Doublebase der die Frauenstimme untermalt steht dem Ganzen hervorragend. Insgesamt ein gar nicht mal so unspannendes Duett bei dem durchaus einiges geboten ist. Man wird zwar hie und da wieder rückfällig und schrammt teilweise auch wieder hart am Kitsch vorbei, aber gesanglich ist das ganz großes Kino – vor allem passen die Stimmen wunderbar zusammen und sie haben Luft und Raum um sich zu entfalten und gleichberechtigt nebeneinander und miteinander zu brillieren. Wir steigern uns jetzt einfach mal auf 7 Punkte.

Mit Klavieruntermalt beginnt „Ever Dream“ wieder sehr ruhig. Aber nicht lange und auch hier blitzt der große Epos hervor, wird aber immer wieder zur Besinnung zurück gepfiffen und erneut Tarja die Bühne überlassen. Auch hier gibt sie sich keinerlei Blöße und trifft jeden Ton in noch so abgefahrenen Höhen, nicht ohne genug Kraft dahinter vermissen zu lassen. Der Song ist auch schön rund komponiert, sehr melodiös und nicht ganz so aufgetragen wie der vorherige. Die 7,5 Punkte sollen primär der Stimme diesmal Tribut zollen.

Während andere Gestalten jetzt womöglich darüber sinnieren würden, warum im nächsten Liedtitel das vorangegangene „Dream“ wieder aufgenommen und abgeschlachtet wird, konzentrieren wir uns hier in einem seriösen Format auf die musikalische Komponente von „Slaying The Dreamer“. Und die hört sich erfrischend anders an und startet ungewohnt Gitarren betont. Ich würde es nicht aggressiv nennen, aber das hat definitiv einen recht rockigen Charakter.
Und in dem Rhythmus verharrt es auch konsequent bis auf ein paar wenige Momente, wo davon abgewichen wird. Das ist jetzt nicht wirklich schlecht, aber obwohl es doch anders ist – wird es recht schnell eintönig. Dazwischen trällert Tarja erneut die Tonleitern hoch und runter, aber das hat sie auf den Liedern zuvor teilweise schon besser gemacht. Bis eben zur Mitte des Songs der Bruch kommt, das Schlagzeug wird noch mehr betont und der Bassist setzt erneut zum Singen an. Das ist nicht schlecht gemacht, aber bei „Dead To The World“ hatte das wesentlich mehr und das Finale ist zu groß, dafür hat der Song zu wenig an Fundament hergegeben um glaubwürdig so zu enden. 6 Punkte

Dafür ist natürlich der Kontrast zum sanft einsteigenden „Forever Yours“ wieder enorm groß. Der Song schickt sich auch gar nicht erst an Tempo aufzunehmen, sondern fährt seelenruhig die ruhige Gefühlsballade inklusive einfühlsamen Flötenspiel und kuschelweichen Keyboardteppich während die Gitarren nur sanft wie kleine Kätzchen schnurren. Überlagert von weit tragendem Sirenengesang dürfte das einfach polarisieren, den einen zum Träumen verleiten, den anderen sofort hinter den nächsten Busch flüchten lassen. Ich finde es ehrlich gesagt schwer da ein Urteil zu fällen, wäre es nämlich nicht ganz so arschglatt und konstruiert – dass da ein gewisses Zielpublikum anspringt ist glasklar und hätte hie und da seine Ecken und Kanten, wäre wesentlich mehr noch aus dem Song zu hohlen gewesen. Besänftigende 6 Punkte

Zur Allgemeinen Bookletgestaltung eignet sich
das vorherige Bild wesentlich besser, aber
dies hier ist der unten zitierte Stilbruch,
in meinen Augen zumindestens...
Ocean Soul“ klingt für mich gefühlt nach dem Albensong bei dem ganzen Wasser auf dem Cover, ist es aber nicht. Was mir zuerst in die Ohren fällt, das extrem hohe Keyboardgeklimper wieder. Finde ich ehrlich gesagt gar nicht mal so angenehm zu hören und sticht auch dann hervor, als die Gitarren einsetzen. Als es dann aufhört ist dies wunderbar – ein ganzer hoher Soundteppich ist plötzlich weg und das hat unheimlich etwas befreiendes, wenngleich auch leider nur kurzfristig. Und das finde ich schade, denn ansonsten hat der Song eine schöne Melodie, Epik und auch Dynamik – sprich ist auf seine Art und Weise gut komponiert und ausgeführt. Das Ende ist vielleicht etwas vorschnell, bedenkt man wie verhältnismäßig „lange“ es zum Aufbau am Anfang braucht, aber sonst wäre das ganz gut. Nur ist mir dieses Geklimper ein Manko zu viel, ich hatte es vier Tracks zuvor ja schon mal kritisiert und als Lamettaexplosion abkategorisiert, im Endeffekt oft auch das gleiche Schema wie Weihnachtslieder eben nach Weihnachtslieder klingen und das finde ich so unglaublich öde und ätzend. Und diese Soundhöhe ist auch nicht nett, ich höre höhere Töne erstaunlicherweise noch recht gut und ich empfinde sie eher als störend. Lang ausargumentierte 5,5 Punkte.

Groß fährt dann wieder „Feel For You“ auf. Groß und wuchtig anmutende Keyboardsequenzen in Orgeldimension, dazu breite Gitarrensounds, leider wieder leichtes Geklimper, also genau das was ich vorher schon wieder nicht so toll fand. Aber zum Glück dezenter im Hintergrund, dafür mit deutlichem Schwerpunkt auf den Gesang, der hinter dem ganzen Sound regelrecht hervorbricht. Und ich muss hier auch mal klar stellen, dass ich wirklich auch ein Fan der männlichen Stimme bin, die hier wieder absolut auf Augenhöhe agiert. Zwar hat sie einen wesentlich geringeren Anteil, schafft es aber diesen mit Prägnanz zu nutzen. Aber auch Tarja ist hier wieder stark und TROTZ erneutem Geklimper, ersingen die beiden sich 6,5 Punkte. Gern geschehen…

Dass der nächste Song ein Cover ist, dürfte jetzt nicht so überraschend sein allein beim Namen: „The Phantom Of The Opera“ – mit dem allseits bekannten Orgel-Theme startet der Song und liefert die Vorlage, für deren Gesang Tarja eben auch ausgebildet ist, was wenig überraschend auch routiniert dargeboten wird.
Ich kenne das Original jetzt nicht so sonderlich, denke aber, dass es nicht allzu sehr davon abweicht. Mutmaße ich jetzt mal und lasse mich gerne eines bessern belehren. Die Inszenierung von ICED EARTH auf dem „Horror Show“ Album gefällt mir persönlich aber wesentlich besser. Da wurde viel eigenes reingebracht, was ich bei Covern seit eher am besten finde, gelungene Neuinterpretationen anstatt nur, zwar gelungen, aber dennoch gleich klingend. Da wirkt das Ganze auch kräftiger, impulsiver, ohne hier die Leistung schmälern zu wollen. Aber ist nicht so meins, denn hier ist es mir irgendwie ein wenig zu viel, was bei der Vorlage vielleicht nicht überraschend ist, aber irgendwie, ich weiß nicht. In keinem Song auf dem Album wird so viel und übertrieben Geträllert und ich schick das jetzt mit 5,5 Punkten wieder heim!

Den Abschluss bildet „Beauty Of The Beast (Long Lost Love / One More Night To Live / Christabel)” und ein Lied mit so einem langen Titel kann natürlich nicht nur drei Minuten gehen. Nein hier geht’s zum ersten Mal in die Langdistanz, teilt den Song aber in drei verdauliche Häppchen.

Backcover und Tracklist

(PS: Nicht irritieren lassen, der Kreis ist nur die
Spiegelung meiner Tischlampe, unglücklicherweise)
Der Erste Part „Long Lost Love“ ist nicht nur eine schicke Alliteration, sondern auch eine recht ruhige Ballade welche gerne einen x-beliebigen Liebesfilm unterlegen könnte und das ganze recht harmlos umwebt und aufbaut um dann…

… in „One More Night To Live“ aufzugehen. Sieht man daher das voran gegangene als eine Art Intro hierfür an, hat dies durchaus seine Berechtigung gehabt. Immerhin braucht jeder Berg auch ein Flachland um als solcher wahrgenommen zu werden. Wie auch immer, ist hier wesentlich mehr Pfeffer und Dynamik vorhanden was sich in der Tat plötzlich auftürmt und versucht sich immer wieder zu überbieten und aufzusteigen. Das hat zwar seine Längen, aber wird auch künstlich spannend gehalten indem immer wieder neue Elemente dazu kommen. Das geht von irgendwann noch einsetzenden Doublebase, bis hin zur Rücknahme um mit dem vorherigen Keyboardgerüst erneut in die Presche zu springen. Das funktioniert sogar gar nicht mal so schlecht.

„Christabel“ sticht da aber auch nicht mehr sonderlich hervor. Plötzlich wird ein Text quer in die Musik reingelesen, was wohl diesen Schlusspart ausmachen soll um dann irgendwann, nachdem schon gar nicht mehr gelesen wird auszufaden, von daher ist für mich dieser Part eher das Ende von „One More Night To Live“, als ein eigener – aber im Booklet und im Titel wurde das ja extra so schön separiert.

Wie das ganze jetzt werten? Die ersten gut drei Minuten finde ich recht langweilig, dann wird es gut wenngleich mit der Tendenz zur Langatmigkeit und als diese erreicht ist, kommt kurz der Text dazu, sozusagen wie ein zusätzliches Sample, aber sonst ändert sich da ja nicht viel daran. Das ist ein wenig getrickst. Bisschen kompakter hätte ich mir den Song durchaus gewunschen, den Einstieg flotter oder irgendwie attraktiver und weniger banal gestaltet. Ich gebe dem ganzen noch 6 Punkte und gut ist.

Cover:

In Ermangelung der richtigen Worte beginne ich mit den diplomatischen Worten „verträumt“ – denn eigentlich finde ich das Cover, sogar bezüglich Farbwahl, trotz seiner extremem Kitschigkeit schön, so wie man bei manchen Victoria Frances Bildern auch heimlich Gefallen finden kann. Trotzdem ist es eine Gratwanderung, unter anderem auch, weil es sehr plump auf dem Klischee reitet. Bei näherer Betrachtung verliert die holde Maid auf dem Cover auch ein wenig an Attraktivität. Das hatte ich ein wenig anders in Erinnerung, Augen und Lippen gefallen mir nicht so, aber ich schweife ab. Ich gebe dem Coverbild mutige 8 Punkte, um danach sofort wieder Abstriche zu machen.

Das Backcover ist in meinen Augen dann definitiv zu viel: ein „Lila-Meer-und-ein-Kind-legt-seine-Hand-in-die-Hand-eines-Erwachsenen-Mutterinstinktbild“? Das halbe Booklet in lila? Inklusiv Bandphotos, die in meinen Augen da gar nicht mal so geil bei rauskommen? Zwischendrin aber dann plötzlich eine Seite in fast nur braun Tönen? Ich finde das sieht nicht nur unfreiwillig billig, sondern zu sehr gewollt aus. Mag ich nicht und irgendwie in meinen Augen auch ein Stilbruch mit dem Cover, zumindest qualitativ als auch inhaltlich.

Fazit:

Sind dir Nightwish eigentlich noch peinlich? – könnte eine Frage sein, die man mir jetzt vielleicht berechtigt stellt, im Versuch mich an der Achillesferse zu treffen, woraufhin ich mit einem selbstbewussten „nicht mehr“ ausweichen würde. Fakt ist: Ich schätze Tarja als Sängerin sehr und hatte mich damals beim bandinternen Rosenkrieg doch ein wenig echauffiert, aber wenngleich ich es bislang immer noch nicht geschafft hatte sie bei last.fm aus meinen Top50 zu werfen, sagen sie mir heute auch nur noch bedingt zu. Was nach dem ganzen Theater kam dürfte selbst Wayne kaum vom Pferd locken und wenn ich mich weiter in der Diskographie vertiefen wollen würde, wäre das primär nur rückwärtsgewandt. Zwar scheint mit Floor Jansen wieder eine Sängerin hinter dem Mikro zu stehen, aber mich interessiert es zurzeit nicht wirklich. Um aber wieder auf das Album zu sprechen zu kommen:

Ja es ist gut produziert und hat seine Stärken, Nightwish sind und waren einer der prägendsten Bands im Symphonic Metal und wurden tausendmal kopiert und nicht wirklich erreicht, sind kommerziell eine ordentliche Größe und und und… aber sie erreichen mich leider nicht wirklich auf einer emotionalen Ebene, dafür bewegt sich das Ganze viel zu sehr in der sicheren Zone, lotet kaum Extreme aus sondern legt Wert auf das Eingängige, das Große und Opulente, dennoch ist es handwerklich gut gemacht, da stehen talentierte Musiker dahinter, was ich ebenfalls zu schätzen weiß und gebührend honoriere. Ich will der Band auch nicht den Einsteigermetal-Button anheften, das wäre viel zu kurz gegriffen aber um jetzt irgendwie zu einem Ende zu kommen, der Schlusssatz gelingt mir nicht wirklich. Peinlich – nein, kann man hören, muss man aber nicht. Hört rein und entscheidet selbst, OVER and OUT.




Gesamtergebnis: 6,49

Gesamtspielzeit: 50:10
Durchschnittsdauer: 5:01
= doppelte Wertung Track 10

Liedqualität: 6,27 (3x)
[ 6,5 + 6,5 + 7 + 7,5 + 6 + 6 + 5,5 + 6,5 + 5,5 + (2*6) ] / 11 = 6,27
Cover: 7,13 (1x)
Cover: 8
Lyrics: 9/10 = 9
Aufmachung: 3,5

Abwechslung: 6,5 (1x)

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