Dienstag, 6. Januar 2015

Dark Fortress – Séance (2006)

Frontcover

Ginge es hier um das schönste Bandlogo, wäre das Podium für die sympathischen Landshuter mindestens vorreserviert. Dass sie sich zudem noch die Dienste von Travis Smith – meinem absoluten Lielingskünstler in dieser Disziplin, für das Cover und die Bookletgestaltung gesichert haben, ist ein weiterer bärenstarker Vorteil.
Der Rest ist nicht so leicht und sofort zugänglich. Ich muss zugeben mir damals verdammt schwer mit diesem sperrigen, aber auch sehr eigenständigen Black Metal Brocken getan zu haben. Wie es jetzt aussieht? Licht aus, Musik an…

Mit „Ghastly Indoctrination“ startet gleich der längste Song des Albums als Opener und braut sich zunehmend und lauter werdend, unheilvoll zusammen bis die Gitarren einsetzen und ihr diffuses Werk beginnen. Der Text anfangs noch gesprochen und zu rhythmischen Trommelschlägen vorgetragen, bricht sich nach einigen unkonventionellen und progressiven Spielerein in Raserei. Die Gitarren flirren dabei unentwegt und wirken auf mich unbequem, keinesfalls gemütlich einladend. Die Vocals sind nicht rein dem Black Metal Genre entnommen, da bricht auch einiges aus dem Death mit raus. Am stärksten meiner Meinung aber dann, wenn die Worte rhythmisch parallel zum Schlagzeug geschrien werden. Progressiv ist im Allgemeinen vielleicht zu viel gesagt, aber immer wieder gibt es Tempoänderungen, wird der Sound zäh und schwer, dann bricht er wieder aus und der Drummer prügelt sich einen ab, bis sich das ganze wieder verfestigt. Auch die Gitarren ändern immer wieder Nuancen an der Stimmung, quietschen und flirren aber fast durchgehend unangenehm, nicht ob der spielerischen Qualität – sondern der Stimmung wegen. Man fühlt sich einfach nicht so ganz Wohl, das ist mutig für einen Opener – vielleicht durchaus aber auch ein starkes Statement. Für mich aber ein wenig zu viel des Guten. 6 Punkte

Erschienen bei Century Media
EAN-Nr.: 5051099752023
Katalog-Nr.: 77520-2

Wirklisch schön gestaltete Bandfotos und Co.
Catawomb“ startet da gleich wesentlich angenehmer indem es einfach eine deutlichere und prägnantere Melodie vor sich mitträgt ohne dabei aber seine Schroffheit zu verlieren. Der Klang ist auch mitnichten rumplig wie aus dem Keller, aber eben auch nicht steril auf Hochglanz poliert sondern trifft eine interessante Mischung. Kraftvoll abgemischt und klar, aber trotzdem unglaublich rau und düster in der Ausstrahlung, auch wenn zwischendrin ein sauberes und extrem melodiöses Gitarrensolo ein paar Funken Licht in den Song lässt. Ich will hier auch nicht großartig mit Begriffen wie Avantgarde aufwarten, da die Basis doch eher klassischer Natur ist, aber sie ist modern umgesetzt und neu bearbeitet und interpretiert, definitiv aber eigen ist. Der Break gegen Ende ist meiner Meinung nach gut setzt, man wähnt das Lied zu Ende, stattdessen setzt das Lied aber wieder genauso ein und schafft trotz anfänglicher Wiederholung eine Abwechslung und keine Langeweile, was auch für sich spricht. 7 Punkte

Der dritte Song „Requiem Grotesque“ steht an und man dürfte immer noch unschlüssig darüber sein, was einen im Verlauf erwartet und dem nicht gerade weiter dienlich ist dieser leise Anfang. Und dann setzt diese ultraschwere Gitarre ein und die Tiefe stimmte growlt und spricht. Ich finde das von der Komposition sehr interessant, man fängt mit einem extrem sperrigen Titel das Album an, lässt im zweiten mehr Melodie zu und geht diesen Weg eben nicht weiter sondern wählt einen neuen, aber dennoch nicht unlogischen Weg. Das Lied wirkt erst zäh aber ist es nicht, sondern es entfaltet sich erst nach und nach mit immer neuen oder sich wiederholenden Melodiespuren, flankiert von bärenstarkem Gesangseinsatz.

Die Stimme ist nicht sonderlich brutal oder böse, aber ihr wohnt diese unbequeme Rauheit und tonale Tiefe inne, die sie ungemein kräftig und imposant erscheinen lässt, ohne aber primär im Mittelpunkt zu stehen und in Kombination, wirkt sie dann durchaus gewollt, alles andere als nett, sondern düster und bedrohlich. Das Lied ist wirklich nicht schlecht, sondern gut – aber es ist auch nicht leicht zugänglich. Irgendetwas haftet an mir, wenn ich dieses Lied höre und lässt mich nicht los. Etwas, was mich daran hindert ungehindert Spaß an der Scheibe zu haben, ohne dass ich dies nachvollziehbar erklären kann. Vielleicht ist dem absichtlich so, was ich für denkbar halte, ich verbleibe mit sehr gut gemeinten 7 Punkten mit Tendenz nach oben.

Eine insgesamt düstere Bookletgestaltung,
stimmige Zeichnungen, nein Kunstwerke sind
da neben den klar lesbaren Lyrics noch
ein kostenloses Schmankler...
While They Sleep“ hört sich eher nach einem Horrorfilm, denn nach einer Gutennachtgeschichte an und so passen die klassischen Schauerinstrumente wie Geige hier auch sehr gut ins Bild, die hin und wieder dem eh schon leicht verstörendem Lied noch zusätzlich etwas Vehemenz in der Wirkung gibt. Ist der Song anfangs „nur“ düster und schwer, wird er beim ruhigeren Zwischenpart auch noch unheimlich, wenn – spekuliert im Hintergrund eine Maschine schlägt und dissonante Melodien und Stimmengemurmel und Geräusche das Setting vervollständigen. Das ist ruhig, aber nicht beruhigend und man ist froh, wenn sich die Gitarren und der Gesang wieder über das versteckt im Hintergrund immer noch durchschlagende Gehämmer legen. Jetzt sollte spätestens klar sein, dass hier auf Lächerlichkeiten wie „Eingängigkeit“ und „Spaß“ garantiert kein Wert gelegt wird. 7,5 Punkte

Das flotte „To Harvest The Artefacts Of Mockery” untermauert es auch gleich. Volle Kraft voraus hämmert das Schlagwerk und auch der Sänger begrüßt einen gewohnt garstig. Das geht zum Teil schon sehr in Richtung MARDUK, bewahrt sich aber seine eigene Note und Wiedererkennung. Krude Samples beziehungsweise merkwürdige Tonfetzen bereichern die Raserei und mit einigen gekonnten Tempoverlagerungen keimt hier auch mitnichten Langeweile, im Gegenteil finde ich den Wechsel kurz vor Ende sogar am stärksten. Eingestreute Solis wirken zufällig platziert, passen aber und machen Sinn. 7 Punkte

Poltergeist“ nimmt seinen Namen, sehr, sehr ernst! Es rauscht erst kurz, dann ein Marschrhythmus – dann Raserei. Die Vocals sind interessant, bei 1:15 ist das aber definitiv ein Rülpser, was dem Ganzen ein bisschen was nimmt, da es unfreiwillig für Belustigung sorgt. Ansonsten erinnert mich das wieder sehr stark an MARDUK, hat aber zum Glück wieder diese Verschleppung des Tempos und das sich verfangen in einem einigermaßen groovenden Rhythmus. Andernfalls fände ich das Lied leider im Vergleich etwas substanzlos, begeistert mich leider auch nicht restlos. 6 Punkte

Es folgt „Revolution:Vanity“ mit einem einprägsamen, schneidenden Gitarrenklang der irgendwie wieder leicht unbequem ist, bevor das Ganze folgerichtig zäh aus den Boxen quillt. Alles wirkt schwer und zäh, die Gitarren, die Stimmen, selbst das Schlagzeug scheint einzig von der unbarmherzigen Gravitation betrieben, welche den Schlagzeuger zwingt seinen Arm auf die Trommeln fallen zu lassen. Das Lied gewinnt durchaus auch an Tempo, aber es wird seine imaginäre Last doch nie los, irgendetwas Schweres sitzt permanent auf der Schulter und kann trotz aller Mühen und Einfälle nie ganz abgeschüttelt werden. Es macht irgendwie nicht so viel Spaß, mir dünkt es ist gewollt. 6,5 Punkte


Ihr hört gerne Musik zum Einschlafen oder während ihr in der Bahn oder im Bus sitzt, schlaft dabei gerne ein oder findet beim Musik Hören eure innere Ruhe und entspannt? Dann sollte der folgende Track definitiv auf die Ban-List, denn „Incide“ fängt schon so an, als würde gleich irgendetwas aus dem Schrank springen und dann folgen einfach abartige Schreie mitten in die Stille. Da ist keine Musik, nur ein Pochen wie ein schwach schlagendes Herz, dann ein Stöhnen, ein Röcheln, dann bläst der Wind stark um das Haus, Schlagzeug setzt ein und irgendjemand schreit sich zu Tode. Und es hört und hört nicht auf. Immer wenn man denkt, es ist vorbei, er hat sich beruhigt, er schweigt, er röchelt nur noch – dann setzt wieder Musik ein. Nicht fröhlich, nein – als würde Gefahr drohen, als wäre man nicht schon so total erschrocken dem Halbschlaf entrissen, braut und bauscht sich ein Unbehagen auf und endet so. Ungelöst, angespannt, war es das? Oder lauert da noch was? Ich hasse den Song wenn ich ihn im Shuffle höre, ganz ehrlich! Aber eine Wirkung entfaltet er zweifelsohne, respektierende 6 Punkte.

Tracklist und Backcover
Wunderbar, ver- oder zumindest angestört wie wir sind, freuen wir uns natürlich, dass „Shardfigures“ die abgemilderte Version gerade gehörter Horrorstimmung gleich mitnimmt und fließend übergeht, dabei auch vergessen hat die Tür zu schließen, denn irgendwie höre ich es immer noch leise Murmeln und Röcheln. Aber die Ängste sind unbegründet, die rettende Schwere der Gitarre legt einen erdrückenden Teppich des Vergessens, oder Beruhigens. Die gewohnten Vocals des Sängers sind plötzlich wie Balsam, darüber hinaus umschmeichelt eine zumindest ansatzweise greifbare Melodie die Ohren und fast schon zärtlich mutet der sphärische Klang des Keyboards an. Angenehmer Midtempo Song, der auch im Großen und Ganzen all Sperrigkeit abwirft und scheinbar versucht zu trösten. Sehr nett von ihm. 7,5 Punkte

Beim Titel „Insomnia“ (dt. Schlaflos) fürchte ich ja fast schon, zu viel der lobenden Worte vorrausgeschickt zu haben, vor allem da sich ein Schocker zum Abschluss in puncto Nachhaltigkeit sicherlich anbieten würde, doch bleiben meine Sorgen unbegründet. Sanfte Gitarrenklänge leiten ein, druckvoll geht es weiter und es ergibt sich ein wunderschöner Moment indem ein lang gehaltener Schrei, wunderbar mit der Melodie und dem Double-Base harmoniert. Der Song ist flott, aber hat sich im Griff, kommt von selbst an den passenden Stellen zur Ruhe und hat die richtige Stimmung, die ein letzter Song haben muss. So aggressiv-melodiös lasse ich mich gerne nachts wach halten. Treffer! 8 Punkte

Cover:

Nun ja, dass ich das Cover und den Artstyle mag – dürfte keine Überraschung mehr sein, nachdem ich ja schon verraten hatte, dass mit Travis Smith mein Lieblingskünstler mit am Werke war. Das Cover zeigt eine Schattengestalt im weißen Nebel und links davon eine Hand, welche sie zu greifen versucht. Und irgendwie passt dies auch wie die Faust auf das Auge, bezogen darauf, wie ich zu diesem Album stand und teilweise immer noch stehe. Die Hand bin ich, die Person das Album. Ich versuche es zu greifen, ich hab eine Vorstellung davon was es beinhaltet, aber irgendwie habe ich es noch nicht ganz gefasst.

Nein auch abgesehen davon, ein sehr minimalistisches Bild, aber mit viel Atmosphäre, welche tatsächlich passt. Auch das Booklet ist voll mit derer abstrakter Bilder, welche in sich stimmig sind und hervorragend zu den sehr coolen Bandbildern sind. Schön aufgemacht, auch die düsteren Farben passen. Alles wie aus einem Guss.


Fazit:

Dieses Album ist alles andere als eine einfach Kost, im Gegenteil, finde ich es in seiner Aufmachung vertrackt, komplex und vielschichtig – sicherlich kein Album für einen Durchgang. Es wird definitiv wachsen! Ein Blick in die Lyrics dürfte sich gefühlt auch lohnen, sie scheinen mir doch etwas gehobener als der schwarzmetallische Durchschnitt, wenngleich ich mich nicht näher mit ihnen beschäftigte, da mir wie gesagt Anfangs deutlich der Zugang fehlte und es auch einem sicher nicht leicht gemacht wird. Definitiv nicht das leichteste Album der Band.
Trotzdem ist es schön abwechslungsreich, verliert aber nie seinen düsteren Grundtenor und untermauert auf jeden Fall das Dark Fortress eine der wichtigsten und größten deutschen Black Metal Bands sind, welche in der Lage sind traditionelle Klänge neu zu interpretieren und damit eine Eigenständigkeit herauszuarbeiten. Für Black Metal Fans eigentlich zumindest reinhören Pflicht, wobei – wie gelernt, einmal nicht ausreichen wird!




Gesamtergebnis: 7,41

Gesamtspielzeit: 61:58
Durchschnittsdauer: 6:12

Liedqualität: 6,85 (3x)
( 6 + 7 + 7 + 7,5 + 7 + 6 + 6,5 + 6  + 7,5 + 8 ) / 10 = 6,85
Cover: 8,50 (1x)
Cover: 8
Lyrics: 10/10 = 10
Aufmachung: 8

Abwechslung: 8,0 (1x)

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