Dienstag, 18. November 2014

N.T.O.T.B. – III (2010)


Frontcover

Die Ulmer Punkrocker rund um N.T.O.T.B. dürften wohl die allerwenigsten kennen, aber das lässt sich ganz leicht ändern – wenn man hier einfach weiterliest. Die kryptische Abkürzung steht ausgeschrieben für NewTec On the Block und ist so etwas wie die (in?)-offizielle Band der gleichnamigen Firma. Nach vorab zwei veröffentlichten EPs, wobei letztere sowas wie eine vorausgegriffene Singleauskopplung sein könnte, ist dies hier sozusagen die Debütscheibe, auch wenn der Titel des Albums etwas anderes suggerieren lässt. Aber dafür findet sich auch gleich im Booklet eine Erklärung, wie mit allen möglichen Zahlen, Quersummen und und und, immer die Nr.3 heraus kommt.

Musikalisch per se ist dieses Genre nicht unbedingt mein Steckenpferd, aber die Scheuklappen können gerne andere haben. Das Besteck liegt bereit und die CD auf dem Tisch oder in der Anlage, je nachdem wie sehr man es mit Metaphorik hat oder nicht.

Um „3 O'clock Rock“ fing laut erwähnter Beschreibung immer die Mittagspause und damit die Bandprobe an. Es bleibt zu hoffen, dass diese länger ging und ergiebiger war, als dieser 22-sekündige Appetizer. Dies ist einfach kurz und schnell gespielter Punkrock, allerdings auf eine sehr sanfte Art und könnte in einer x-beliebigen Sitcom z.B. als typische Übergangsmusik von der einen in der andern Szene fungieren. Das kann man als Kompliment sehen, oder aber eben auch als das, was es in der Regel ist – nicht wesentlich. 4 Punkte

Erschienen in Eigenproduktion
EAN oder Katalog-Nr. nicht vorhanden
She Rock Oh“ ist dann das erste richtige Lied und nicht die vermutete Ballade sondern eine flott vorgetragene Träumerei gegenüber dem Traumauto. Was auffällt ist auf jeden Fall die forsch angespielte Snare, die das ganze zügig vor sich hertreibt – ansonsten ein recht durchschnittlicher Song mit annehmbaren Refrain, der allerdings eine leichte Gefahr bezüglich der Gesangsspur andeutet. Da darf teilweise nicht mehr viel stimmlich wegrutschen, weil dies durchaus mutig und selbstbewusst, aber sicher nicht vorsätzlich und absichtlich der Toleranzgrenze schon mal Hallo sagt. Das kann leicht zum zweischneidigen Schwert werden, stark dagegen der kurze Bläsereinsatz in der Mitte – der kommt unerwartet, fast schon progressiv angehaucht im doch recht simplen Song und erweitert das Klangspektrum sehr sinnvoll. Es endet wieder ruhig, aber lässt dieser Ruhe nicht wirklich viel Zeit, daher kaum der Rede wert. 5 Punkte

Während es den ersten Teil auf der ersten EP gab, folgt hier der zweite und zwar „Scene It II“. Was mir der Text sagen soll, versteh ich zwar bis heute kaum – soundtechnisch präsentiert man sich ähnlich wie zuvor nur ein wenig ruhiger. Zwar wirkt die Snare auf mich fast identisch, aber trotzdem ist das Lied geordneter und lässt kleinen Solos den Raum, welche sie brauchen um sich zu entfalten. Generell hat dieses Lied mehr Zug, lässt Nuancen einer Stimmung aufkommen, wirkt runder und auch der Gesang läuft hier besser. Nur endet es ebenso abrupt, was mir fast zu schnell ist. Klar, in der Mittagspause hat man womöglich nicht viel Zeit, dafür ist dann aber doch wieder der Sound zu gut und zu klar. Hätte es mehr diesen Proberaumsound, dann wäre dies passender gewesen und hätte seinen eigenen Charme gehabt. Krudes Lob und Kritik zugleich, ich gebe es ja zu. 5,5 Punkte

Der – von mir wirklich positiv gemeinte – Nerd-Faktor bricht bei "Ijunk“ dann das erste Mal aus. Anfangs bratzen die Gitarren noch schön frontal rein, bevor sie sich dem Schlagzeug etwas unterordnen und zusammen eine nicht näher von mir zu beschreibende straighte Da-dam-da-dam Punkrock Attitüde abbekommen.

Zum Glück erwehren sie sich diesem Schema aber mehrfach erfolgreich und verbleiben nicht in diesem lahmen, gefühlt schon tausendmal gehörtem Muster. Während die Solos und unterschiedlich klingenden Gitarrenläufe also bewusst und gekannt der Blaupause entfliehen, weiß ich nicht, ob dies auch für den Gesang gilt. Der präsentiert sich auch in irgendwie doch verschiedenen Stimmfarben, aber leider auch in mal besser, mal schlechter treffenden Tönen. Das ist dann klar nicht typisch und vorhersehbar monoton, aber trifft meine Befürchtungen die ich zuvor hatte wie Nagel und Kopf, sprich auch nicht immer gut. 5 Punkte

Erwähnte kleinen Zeichnungen im Bild,
insgesamt unspektakuläre, aber
sehr stiltreue Gestaltung

High Noon“ hält sich selbst für sehr lustig, so klingt auf jeden Fall das mutmaßliche Kicker-und-„High Noon“-Ruf-Intro. Damit hat N.T.O.T.B. auch durchaus Recht, aber mehr als ein flotter gute Laune Midtempo Song ist es leider auch nicht. Da hilft auch kein mehrstimmiger Gesang und Chorus, kein erneut gekonnt in Szene gesetztes Gitarrensolo. Die Band hat Spaß daran, das hört man, das klingt authentisch aber limitiert sich auf der anderen Seite auch selbst irgendwie weil es auf mich mehr wie ein Funprojekt wirkt, was es auch durchaus auch sein kann und auch nichts schlechtes ist; aber – falls man das so nicht versteht/nachvollziehen kann, es fehlt noch der Funke, der überbordende Moment, die perfekte Mischung aus Spaß und Professionalität. Stümperhaft produziert ist es mitnichten, im Gegenteil – wie gesagt, das ist alles ordentlich, aber es fehlt noch ein wenig der Regler, der dem ganzen mehr Charme, mehr Seele gibt und die vorherrschenden Ansätze auch ins richtige Licht rückt. Ich stagniere weiterhin auf 5 Punkten.

Warum ich eingangs den Nerd-Faktor erwähnt hatte? Dürfte bei Titeln wie „Bugfix“ eigentlich auf der Hand liegen. Die Arbeit schlägt sich scheinbar auch bis in die Musik wieder, scheint im Umkehrschluss aber auch auf jeden Fall sehr viel Spaß zu machen – sonst würde man kaum so fröhlich über die eigentlich lästige Bugsuche und –lösung singen. Der Refrain schafft dabei das schräge Kunststück, nicht nur eingängig und wiedererkennbar zu sein, sondern auch je nach Laune total nervig zu sein, was leicht suboptimal ist. Schade, und auch wenn ich längst erkannt habe und haben müssen, dass dies kein Genre ist, bei dem man viel Wert auf lange Ausklänge oder Outros legt oder legen muss, mich stört dieses nahezu sofort stoppende Erklingen jeglicher Gitarre mit ein-zwei Schlägen immer noch. Mit diesem gedanklichen Malus im Kopf bleibt das gute Stück aber trotzdem noch auf 5 Punkte.

So, genug geträumt – jetzt mal noch kurz die Ohren gespitzt und zugehört, es wird gelehrt und gelernt! „R = U / I“ ist eigentlich an und für sich eine coole Idee, anhand eines flotten Punkrockliedes physikalische Gesetze zu erklären. Dass der Text vielleicht nicht ganz rund in die Zeilen passt oder etwas arg verbogen werden muss, sei da mal ganz verziehen ob des Lehrwertes. Auch der recht hoch und schräg gesungene Refrain prägt sich gut ein, was ich mal als unorthodoxen pädagogischen Ansatz durchgehen lasse. Die teilweise recht trotzig und rebellisch klingenden Zwischenparts machen das Ganze ob der Thematik ja fast schon zur Satire. Der Song selber und allein ist jetzt nicht so überragend, aber die Idee und die fetzige Umsetzung haben durchaus etwas für sich und innovative und frische, künstlerische Ansätze kann man ruhig auch mal gut finden, setzen! 8 Punkte

Der Schritt zu Modepüppchen bei „Suburb Cinderella“ kommt dann zwar unerwartet, vor allem da hier auch klanglich anders begonnen wird, aber Abwechslung ist zu dem Zeitpunkt nicht die schlechteste Idee. Der Song ist wesentlich ruhiger, der Gesang dafür teilweise aber viel „angepisster“ (aber wirklich auch nur in Anführungszeichen, ich will hier nicht versehentlich einen Wutausbruch vermuten lassen, es bleibt recht ruhig) und offenbart sich in leicht gepressten Schreien und bildet einen großen Kontrastbogen zum butterweich gesungenen Refrain. Der längste Titel des Albums wirkt auch durch das gedehnte Tempo im Vergleich noch länger, was okay ist – aber wie immer hätte ich mir auch hier ein „längeres“ Ende gewünscht und dies hätte sich hier wunderbar in Kombination einer minimalen Stauchung im Mittelteil angeboten. Aber das ist eigentlich insgesamt nicht wirklich wesentlich und nur etwas arg übergenau. 6 Punkte

Es folgt „Self Fulfilling Prophecy“ – was gleich wieder flott drauf los hüpft und springt. Das ist ganz okay, aber damit werde ich halt auch nicht wirklich warm. Der Gesang folgt eine sehr annehmbaren Melodie, riskiert dabei aber auch mal wieder Kopf und Kragen. Unnötigerweise wie ich finde, denn ich wette, dass damit nicht jeder klar kommt aber das zieht sich leider immer wieder durch das Album. 5,5 Punkte

Backcover und Tracklist
Ob „Einstein Chapter“ genau SO auf der zuvor erschienen EP klang, kann ich nicht beurteilen, zumal dort eine „Southern Rock“, „Country“ und „Rock“ Version vertreten waren. Was dies hier davon sein soll, keine Ahnung – oder ob es etwas komplett Neues ist, wer weiß, wer weiß. Musikalisch teilweise annehmbar, gesanglich in meinen Augen teilweise grenzwertig – mich nervt der Refrain mit der oftmaligen Wiederholung des Titels ein wenig, vor allem wird das auch ein bisschen in die Solos mit reingesungen. Ne, das winke ich mit 4 Punkten durch.  

Ein bisschen Spaß muss sein – „Vergiss Es“ tangiert ein wenig Regionalhumor, aber leider sehr überschaubar, sonst teilweise nachvollziehbare oder krude Wunsch/Traumvorstellungen, welche alle leider nicht in Erfüllung gehen oder eben lieber gleich vergessen werden sollen. Ja das ist soweit ganz nett und okay, aber mehr auch nicht. 5,5 Punkte

Mein Highlight kommt überraschend am Ende der Scheibe mit Gastsängerin und in der Akustikversion. „Virus (Acoustic Version)“ klingt sehr anders, als die vorherigen Lieder was an den gerade genannten Gründen liegen mag, ist aber auch vollkommen anders aufgebaut. Der Gesangsaufbau hin zum sich steigernden Refrain finde ich stark, beide Stimmen zusammen klingen zwar nicht wie ausgebildete Profistimmen, aber ergänzen sich perfekt und erzeugen gemeinsam ein Gefühl von Wärme und Raum, was an dieser Stelle so wunderbar überraschend kommt. Genau solche Songs wünsche ich mir auch für das Ende eines Albums, weil es schafft etwas zu hinterlassen, das über die plötzliche Stile zumindest für einige Sekunden und Gedanken hinaus wirkt. Das es zudem weniger fröhlich ist und eine wirklich hauchdünne, zart flirrende Traurigkeit in sich birgt, gefällt mir sowieso – hach sowas schaffen auch deutlich bessere Bands nicht immer am Ende eines Albums, daher diesmal einzig und allein dem Song wegen! 8 Punkte

Cover:
Das Cover ist soweit ganz okay und annehmbar, eine warme Zeichnung ein wenig mit dem Charme eines Sprayers mit Skill porträtiert scheinbar die Band, auch wenn da dann mindestens zwei Mitglieder fehlen würden, dazu komischen Geisterwesen – okay, und schöne Details wie das Ulmer Münster und dem Firmenlogo, doch irgendwie mit Liebe gemacht.

Auf der Rückseite ebenso, Tracklist neben einer Uhr auf 3 Uhr, auf der Rückseite, sprich unterhalb der CD – selbiges Bild nur spiegelverkehrt siehe auch die Schrift der Tracklist in Spiegelschrift, aber während der Nacht, weil – wenn die Uhr noch immer gleich steht, es nun eben 9 Uhr ist. Sowas mag ich, das ist durchdacht und konsequent und liebevoll umgesetzt.

Das Booklet selbst, ist unspektakulär, aber hat auch noch kleine Zeichnungen in dem Stil sowie zwei Fotos, die CD selbst „ist“ besagte auf 3 Uhr gestellte Uhr. Wie gesagt, alles konsequent zu Ende gedacht und schön gemacht. Wertet das ganze ungemein auf, wenngleich ich sagen muss, des Covers wegen allein mitnichten irgendwie Interesse darauf bekommen hätte.


Fazit:

Oh je, wie fange ich an. Richtig schlecht oder lieblos ist überhaupt nichts gemacht, hie und da gefällig aber insgesamt dann doch zu ungewöhnlich um irgendwie anbiedernd oder gewöhnlich zu sein. Seien es die eingestreuten Solos oder die ganze Thematik der Songs. Die Band hat spürbar Spaß an der Sache was dem Ganzen ein sehr positives Flair gibt, mir aber dann wieder ein wenig zu unernst ist. Es ist jetzt nicht die musikalische Offenbarung auch wenn es Hand und Fuß hat, aber dazu fehlt irgendwie noch etwas. Einen abwechslungsreicheren Grundrhythmus, mehr Sicherheit in der Stimme – viele summierte Kleinigkeiten auf einen eigentlich positiv eingeschlagenen Weg, weil richtig warm werde ich damit leider noch nicht. Und da ich kaum solche Musik höre, kann ich leider auch nicht mit großartigen Vergleichen oder „für Hörer von Ratschläge“ aufwarten. Wenn ihr handgemachten Punkrock mögt, schaut rein – ganz schlimm ist es nicht, Ansätze sind vorhanden und die Band wird sich sicherlich freuen, aber die Welt geht auch nicht unter, wenn man es nicht tut. Ganz wie ihr wollt…




Gesamtergebnis: 6,07

Gesamtspielzeit: 36:40
Durchschnittsdauer: 3:03
= halbe Wertung Track 1

Liedqualität: 5,61 (3x)
[ (0,5*4) + 5 + 5,5 + 5 + 5 + 5 + 8 + 6 +5,5 + 4 + 5,5 + 8 ] / 11,5 = 5,61
Cover: 8,00 (1x)
Cover: 7
Lyrics: 12/12 = 10
Aufmachung: 8

Abwechslung: 5,5 (1x)

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