Sonntag, 5. Januar 2014

Nocte Obducta – Verderbnis (Der Schnitter kratzt an jeder Tür) (2011)


Frontcover

Bislang hielt ich meine Reviews ja strikt sammlungschronolgisch, heißt wenn ich von einer Band drei Alben zur Auswahl hatte, wählte ich jenes, welches ich zuerst gekauft hatte. Hier breche ich damit zum ersten Male und finde es auch nicht im Geringsten schlimm. Zu Nocte Obducta kam ich eh so verdammt ungeordnet und quer, stieg zeitgleich mit beiden Nektaralben ein während ich via Youtube auch Songs von der Stille EP und einigen anderen Veröffentlichungen hörte. Zudem war dieses Album mehr oder minder das Comebackalbum nach der Sequenzenscheibe. Sollte an alte Werke wie Schwarzmetall anschließen – tat es dann aber doch irgendwie nicht und dann waren da auch noch alle möglichen ehemaligen Sänger mit an Bord. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht mehr auf was ich hoffen konnte oder sollte, zumal sich bislang herauskristallisierte, dass mir Agrypnie inzwischen wesentlich besser gefiel als Nocte Obducta und bevor das zunehmend chaotisch wird, der Sprung ins damals eisig kalte Wasser…

Tiefrote Rufe“ knistert erst etwas und kommt dann mit verhaltener Gitarre, welche dann hinter dem Vorhang heraus bricht aus den Boxen und ein recht melodischen Midtemposong mit sphärischen Hintergrund abgibt. Tempowechsel und „länger“ gezogene Passagen gibt es ebenfalls, mittig fährt der Song komplett zurück und betont erneut das sphärisch Wabernde mit surrenden Gitarren und wären wir beim Nektaralbum jetzt irgendwo erst in der Mitte des Songs, spielt dieser sich dann überraschend schnell und leise aus. Der Song geht in Ordnung, ohne Zweifel – aber er hat nicht wirklich einen Wow-Effekt oder sonst eine Prägnanz welche sich festsetzt. Er deutet auch maximal an, was die Band auf den Nektar Alben geschaffen hat, vertieft sich dabei aber nicht und bleibt somit leider ohne große Konturen. Für einen Aufhänger fast schon unentschuldbar schwach. 5,5 Punkte

Erschienen bei: MDD Records
EAN-Nr.: 4042564134100
Katalog-Nr.: MDD65

Versteckt hier der legendäre "Gruß" an Kanwulf.
Ein Vergleich der Lyrics lohnt sich in der Tat...
Vielleicht reißen es ja die „Schlachtenflieder“ welche zumindest schon mal mehr Zug nach vorne haben. Zwar kann von vorwärts preschen nicht die Rede sein, zumal auch hier recht schnell wieder atmosphärisch gebremst wird, aber zumindest der plötzliche Sängerwechsel gibt dem Ganzen schon Mal im positiven Sinne mehr Abwechslung und gestalterische Tiefe. Trotzdem lässt auch dieser Song mich unbarmherzig und überraschend kalt. Es gibt die kleinen Stellen wo ich mir denke, es könnte jetzt was gehen – aber sie sind nicht ausgearbeitet beziehungsweise der Song hat nicht die Länge oder den Raum um diese auszuarbeiten. 6 Punkte

Einen lustigen aber auch latent peinlichen Fehler gibt es auf der CD beim Titel „Schweißnebel“. Der CD-Info, unter anderem beim Rippen für den mp3 Player fehlt einfach das „W“. Ob das Absicht ist? Irgendwie fast denkbar, wie auch sonstige Anspielungen und Verwirrweise in den Texten und Titeln. So ganz hinter das Geheimnis von Nocte komme ich irgendwie nie, vielleicht auch ein Grund warum mir der Zugang oft - und vor allem hier, so erschwert wird. Der Song fängt aber schön tief brummelnd an und eine knarzige Stimme verliest auf bekannte Art und Weise einen Text. Das Tempo ist sehr schleppend, die Stimmung diffus, der Text lyrisch verschlungen, geheimnisvoll und irgendwie vielsagend oder vielleicht auch eher zeichnend, anskizzierend. Es baut sich unweigerlich ein Druck auf, durch das ziellose Umherwandern, den gehemmten und gebremsten Aufbau, welcher sich zum Schluss allerdings fast schon befreiend in einer weiteren Gesangsspur, -art und –farbe lösen kann. Bleibt mir dennoch ein Rätsel, allerdings schon ein besseres. 6,5 Punkte


Es ist ein knallharter Bruch mit dem gerade ausgeklungenen Lied, „Niemals Gelebt“ kommt mit einer überraschend punkigen Attitüde dahergerotzt. Flott und unverfroren dauert es gerade mal gute zwei Minuten und ist dennoch ein wichtiges Zeichen für das Album. Werft eure Erwartungen komplett, aber so was von komplett über den Haufen, die Band kehrt sich einen Scheiß darum! Das Lied selbst ist nicht sonderlich spektakulär, ich finde es nicht mal gut oder großartig erwähnenswert, aber die Signalwirkung des plötzlichen Auftretens, den Mut und die gleichgültige Einstellung gegenüber des Vertreten Müssens – könnte und sollte noch gerade so 6 Punkte wert sein.
Die Bookletgestaltung ist in der Tat auf das
minimalste reduziert, aber gut lesbar und beinhaltet
alles was notwendig ist.

Beim nächsten Titel „El Chukks Taverne“ muss ich unweigerlich an Monkey Island denken, das geraunte Ho-Ho-Ho tut sein übriges dazu. Fröhliche Piratenstimmung kommt aber mitnichten auf, dafür klingt die Stimme schon zu ernst, zu keifend, zu fies und unberechenbar, unsicher darüber welche Intention und Überraschung dahinter lauert. Die Musik ist roh aber in gemäßigtem Tempo – die Keyboards erschaffen wieder einen unheilvollen Klang. Einerseits zerbrechlich, vergänglich und schon längst entschwunden. Auf der anderen Seite unglaublich ungemütlich und hinterhältig, unberechenbar. So präsentiert sich auch der Song, zumindest aber ist er schon Klang- und Bildgewaltiger. 7 Punkte

Obsidian Zu Pechstein“ kommt eine Schlüsselfunktion zu Gute, welche ich allerdings nicht komplett ent’schlüssel’t habe. Das Lied ist anklagend, vielleicht auch hämisch oder bedauernd aber nicht zwangsläufig bereuend. Wie dem Text unterhalb der CD zu entnehmen ist, auch Kanwulf von Nargaroth gewidmet, als Anregung – sich diesen Song als Vorlage für weitere Plagiate zu nehmen. Der Text sei ein wenig elitär und nehme das Maul ziemlich voll. Eine unmissverständliche Anspielung von Nargaroths „Herbst“ und Nocte Obductas „Atme“ welche sich textlich zu zufällig ähneln um eben nur Zufall zu sein. Ob sie aber noch mehr andeuten, noch mehr meinen oder mit dieser Überlegung nur spielen? Das Lied verrät nichts dergleichen, fängt mit roh sirrenden Gitarren an beginnt langsam aber sicher mit stumpfem Rhythmus und Drums sich vorwärts zu schieben. Eingerahmt von einer Überdimension Sphäre lässt es den Song größer erscheinen, während die Gift sprühende Stimme es wie eine Persiflage wirken lässt und sich die Frage nach Gehässigkeit nicht ohne die der Notwendigkeit stellen lässt. Die fast schon herrschende Stille im letzten Drittel gibt dem Ganzen mehr Raum als es gebraucht hätte, sie wirkt fast schon leer und erschafft eine unsichtbare Spannung, die nicht greifbar und auch nicht direkt unheilsvoll – aber irgendwie doch sehr vorhanden, mitschwingt. Gegen Ende braut sich all dies zusammen, der Pegel schwillt wieder an, steuert auf das Finale zu und bricht aber einfach vorher ab. Hinterlässt Fragezeichen, zwischen künstlich gestreckt oder kunstvoll arrangiert – aber auch etwas mehr Substanz, endlich. 7,5 Punkte
Backcover und Tracklist
 Wir nähern uns dem Ende. Mit „Wenn Ihr Die Sterne Seht“ folgt schon der Vorletzte Song.
Hier ist wieder viel Tempo drin, wieder ein großer Kontrast. Von langsam verspielt, nachdenklich im letzten Song zu direkt und kompromisslos, ohne aber Stil vermissen zu lassen. Keine tumbe Prügelorgie, dennoch irgendwie von erhabenem Schein und auch zu progressiv um diesen kleinen Ausbruch durchzuziehen. Nein im Gegenteil, man fällt wieder zurück in den Ambientpart um sich beruhigt wieder aus selbigen zu lösen um das Lied, wie auch textlich irgendwie ungelöst zu verlassen. Ich wird nicht ganz schlau aus den Jungs. 7 Punkte

Dass ich mich danach sehne wäre unfair und unpassend ausgedrückt, aber im letzten – unter anderem auch Titel gebendem Lied „Verderbnis“ erhoffe ich mir endlich einen Abschluss, eine versöhnliche Zusammenfassung des Klangbildes, etwas – was mir hilft die Puzzelteile zu ordnen.
Es erinnert vom Stil ansatzweise wieder dem vorherigen „Schweißnebel“, schwach vielleicht noch an „Vorbei“ von der Stille EP, allerdings mit einem anders klingendem Antrieb, hier geht zwischendurch fast alles direkt auf die Snare woran sich auch der Gesang rhythmisch orientiert. Dem Lied gelingt es bedingt das Album abzuschließen, das Keyboard und die Gitarren erschaffen zwar eine vergängliche, webende Stimmung – aber gewünschte Bündelung erfolgt nicht. Dafür fadet es recht stark und mit Nachklang aus, mehr oder weniger so wie ich es von der Band kenne, wünsche und erwartet hatte. 7,5 Punkte


Cover:

Das Cover ist jetzt nicht sonderlich klarer als die Musik, ein Schwarz-Weiß Foto, herunter gebrochen auf einen minimalen Kontrast an Details eines Bandmitgliedes, wie es offensichtlich an einem Tisch sitzt welchen man nicht sieht, dafür aber ein paar Flaschen, undefinierbare Sachen und eine Ananas. Genau das war es schon, hat sicherlich nur 5 Minuten gebraucht zu gestalten – sieht deswegen aber auch nicht schlecht aus, nicht wirklich durchgeknallt aber eben halt anders und irgendwie sagt das schon einiges. Ich finde das Cover ganz okay, aber mehr nicht.
Das Booklet ist auch sehr simpel gestaltet, schwarzer Hintergrund mit weißer Farbe, alle Texte sind enthalten, ein Bandfoto, merkwürdige Anspielungen mit einem seltsamen Humor, hinten noch eine kleine Zeichnung und die herrliche Ansprache an Kanwulf. Alles da was man braucht und zwischen den Zeilen noch mehr als man dachte.


Fazit:

Ich muss ganz unumwunden zugeben, ich verstehe Nocte Obducta nicht wirklich in Gänze, hier zumindest am allerwenigsten, sofern es überhaupt etwas zu verstehen gibt. Aber vielleicht ist dies der springende Punkt, welcher an der Bewertungsskala etwas nach oben hätte drehen können, vielleicht aber auch nicht.
Ich war aber ehrlich gesagt enttäuscht und ernüchtert, als ich das Album zum ersten Mal in den Fingern hielt und ich müsste lügen, würde ich sagen ich sei inzwischen damit warm geworden. Gehört habe ich es mehr als genug um zu wissen, dass da aber auch nicht mehr viel draus wird. Es ist anders als erwartet, auch nicht wirklich ein schlechtes Album, bietet reichlich und vor allem überraschende Abwechslung(en) und hat klanglich einen älteren, nicht hoch polierten Charme  – aber es hat für mich nicht wirklich einen roten Faden, lässt mir auch nicht viel übrig und bricht auch mit sämtlichen Erwartungen, welche ich an das Album gestellt habe. Dass ist das gute Recht der Künstler, meines ist es aber, dies in meiner subjektiven Wahrnehmung dann auch nicht ganz so zu mögen. Sagt mir leider trotz aller Bemühungen nicht so ganz zu wie ich es mir erhoffte.


Gesamtergebnis: 6,76

Gesamtspielzeit: 40:34
Durchschnittsdauer: 5:04
= halbe Wertung Song 4
= doppelte Wertung Song 6

Liedqualität: 6,76 (3x)
[ 5,5 + 6 + 6,5 + (0,5*6) + 7 + (2*7,5) + 7 + 7,5 ]  / 8,5 = 6,76
Cover: 6,50 (1x)
Cover: 5,0
Lyrics: 8/8 = 10
Aufmachung: 6,0

Abwechslung: 7,0 (1x)

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