Frontcover |
Bislang hielt ich meine Reviews ja strikt sammlungschronolgisch,
heißt wenn ich von einer Band drei Alben zur Auswahl hatte, wählte ich jenes,
welches ich zuerst gekauft hatte. Hier breche ich damit zum ersten Male und
finde es auch nicht im Geringsten schlimm. Zu Nocte Obducta kam ich eh so
verdammt ungeordnet und quer, stieg zeitgleich mit beiden Nektaralben ein
während ich via Youtube auch Songs von der Stille EP und einigen anderen
Veröffentlichungen hörte. Zudem war dieses Album mehr oder minder das Comebackalbum
nach der Sequenzenscheibe. Sollte an alte Werke wie Schwarzmetall anschließen –
tat es dann aber doch irgendwie nicht und dann waren da auch noch alle
möglichen ehemaligen Sänger mit an Bord. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht
mehr auf was ich hoffen konnte oder sollte, zumal sich bislang herauskristallisierte,
dass mir Agrypnie inzwischen wesentlich besser gefiel als Nocte Obducta und
bevor das zunehmend chaotisch wird, der Sprung ins damals eisig kalte Wasser…
„Tiefrote Rufe“
knistert erst etwas und kommt dann mit verhaltener Gitarre, welche dann hinter
dem Vorhang heraus bricht aus den Boxen und ein recht melodischen Midtemposong
mit sphärischen Hintergrund abgibt. Tempowechsel und „länger“ gezogene Passagen
gibt es ebenfalls, mittig fährt der Song komplett zurück und betont erneut das
sphärisch Wabernde mit surrenden Gitarren und wären wir beim Nektaralbum jetzt
irgendwo erst in der Mitte des Songs, spielt dieser sich dann überraschend
schnell und leise aus. Der Song geht in Ordnung, ohne Zweifel – aber er hat
nicht wirklich einen Wow-Effekt oder sonst eine Prägnanz welche sich festsetzt.
Er deutet auch maximal an, was die Band auf den Nektar Alben geschaffen hat,
vertieft sich dabei aber nicht und bleibt somit leider ohne große Konturen. Für
einen Aufhänger fast schon unentschuldbar schwach. 5,5 Punkte
Erschienen bei: MDD Records EAN-Nr.: 4042564134100 Katalog-Nr.: MDD65 Versteckt hier der legendäre "Gruß" an Kanwulf. Ein Vergleich der Lyrics lohnt sich in der Tat... |
Vielleicht reißen es ja die „Schlachtenflieder“ welche zumindest schon mal mehr Zug nach vorne
haben. Zwar kann von vorwärts preschen nicht die Rede sein, zumal auch hier
recht schnell wieder atmosphärisch gebremst wird, aber zumindest der plötzliche
Sängerwechsel gibt dem Ganzen schon Mal im positiven Sinne mehr Abwechslung und
gestalterische Tiefe. Trotzdem lässt auch dieser Song mich unbarmherzig und
überraschend kalt. Es gibt die kleinen Stellen wo ich mir denke, es könnte
jetzt was gehen – aber sie sind nicht ausgearbeitet beziehungsweise der Song
hat nicht die Länge oder den Raum um diese auszuarbeiten. 6 Punkte
Einen lustigen aber auch latent peinlichen Fehler gibt es
auf der CD beim Titel „Schweißnebel“.
Der CD-Info, unter anderem beim Rippen für den mp3 Player fehlt einfach das
„W“. Ob das Absicht ist? Irgendwie fast denkbar, wie auch sonstige Anspielungen
und Verwirrweise in den Texten und Titeln. So ganz hinter das Geheimnis von
Nocte komme ich irgendwie nie, vielleicht auch ein Grund warum mir der Zugang
oft - und vor allem hier, so erschwert wird. Der Song fängt aber schön tief
brummelnd an und eine knarzige Stimme verliest auf bekannte Art und Weise einen
Text. Das Tempo ist sehr schleppend, die Stimmung diffus, der Text lyrisch
verschlungen, geheimnisvoll und irgendwie vielsagend oder vielleicht auch eher
zeichnend, anskizzierend. Es baut sich unweigerlich ein Druck auf, durch das
ziellose Umherwandern, den gehemmten und gebremsten Aufbau, welcher sich zum
Schluss allerdings fast schon befreiend in einer weiteren Gesangsspur, -art und
–farbe lösen kann. Bleibt mir dennoch ein Rätsel, allerdings schon ein
besseres. 6,5 Punkte
Es ist ein knallharter Bruch mit dem gerade ausgeklungenen
Lied, „Niemals Gelebt“ kommt mit
einer überraschend punkigen Attitüde dahergerotzt. Flott und unverfroren dauert
es gerade mal gute zwei Minuten und ist dennoch ein wichtiges Zeichen für das
Album. Werft eure Erwartungen komplett, aber so was von komplett über den
Haufen, die Band kehrt sich einen Scheiß darum! Das Lied selbst ist nicht
sonderlich spektakulär, ich finde es nicht mal gut oder großartig
erwähnenswert, aber die Signalwirkung des plötzlichen Auftretens, den Mut und
die gleichgültige Einstellung gegenüber des Vertreten Müssens – könnte und
sollte noch gerade so 6 Punkte wert
sein.
Die Bookletgestaltung ist in der Tat auf das minimalste reduziert, aber gut lesbar und beinhaltet alles was notwendig ist. |
Beim nächsten Titel „El
Chukks Taverne“ muss ich unweigerlich an Monkey Island denken, das geraunte
Ho-Ho-Ho tut sein übriges dazu. Fröhliche Piratenstimmung kommt aber mitnichten
auf, dafür klingt die Stimme schon zu ernst, zu keifend, zu fies und
unberechenbar, unsicher darüber welche Intention und Überraschung dahinter
lauert. Die Musik ist roh aber in gemäßigtem Tempo – die Keyboards erschaffen
wieder einen unheilvollen Klang. Einerseits zerbrechlich, vergänglich und schon
längst entschwunden. Auf der anderen Seite unglaublich ungemütlich und
hinterhältig, unberechenbar. So präsentiert sich auch der Song, zumindest aber
ist er schon Klang- und Bildgewaltiger. 7
Punkte
„Obsidian Zu
Pechstein“ kommt eine Schlüsselfunktion zu Gute, welche ich allerdings
nicht komplett ent’schlüssel’t habe. Das Lied ist anklagend, vielleicht auch
hämisch oder bedauernd aber nicht zwangsläufig bereuend. Wie dem Text unterhalb
der CD zu entnehmen ist, auch Kanwulf von Nargaroth gewidmet, als Anregung –
sich diesen Song als Vorlage für weitere Plagiate zu nehmen. Der Text sei ein
wenig elitär und nehme das Maul ziemlich voll. Eine unmissverständliche
Anspielung von Nargaroths „Herbst“ und Nocte Obductas „Atme“ welche sich
textlich zu zufällig ähneln um eben nur Zufall zu sein. Ob sie aber noch mehr
andeuten, noch mehr meinen oder mit dieser Überlegung nur spielen? Das Lied
verrät nichts dergleichen, fängt mit roh sirrenden Gitarren an beginnt langsam
aber sicher mit stumpfem Rhythmus und Drums sich vorwärts zu schieben.
Eingerahmt von einer Überdimension Sphäre lässt es den Song größer erscheinen,
während die Gift sprühende Stimme es wie eine Persiflage wirken lässt und sich
die Frage nach Gehässigkeit nicht ohne die der Notwendigkeit stellen lässt. Die
fast schon herrschende Stille im letzten Drittel gibt dem Ganzen mehr Raum als
es gebraucht hätte, sie wirkt fast schon leer und erschafft eine unsichtbare
Spannung, die nicht greifbar und auch nicht direkt unheilsvoll – aber irgendwie
doch sehr vorhanden, mitschwingt. Gegen Ende braut sich all dies zusammen, der
Pegel schwillt wieder an, steuert auf das Finale zu und bricht aber einfach
vorher ab. Hinterlässt Fragezeichen, zwischen künstlich gestreckt oder
kunstvoll arrangiert – aber auch etwas mehr Substanz, endlich. 7,5 Punkte
Backcover und Tracklist |
Wir nähern uns dem Ende. Mit „Wenn Ihr Die Sterne Seht“ folgt schon der Vorletzte Song.
Hier ist wieder viel Tempo drin, wieder ein großer Kontrast.
Von langsam verspielt, nachdenklich im letzten Song zu direkt und kompromisslos,
ohne aber Stil vermissen zu lassen. Keine tumbe Prügelorgie, dennoch irgendwie
von erhabenem Schein und auch zu progressiv um diesen kleinen Ausbruch
durchzuziehen. Nein im Gegenteil, man fällt wieder zurück in den Ambientpart um
sich beruhigt wieder aus selbigen zu lösen um das Lied, wie auch textlich
irgendwie ungelöst zu verlassen. Ich wird nicht ganz schlau aus den Jungs. 7 Punkte
Dass ich mich danach sehne wäre unfair und unpassend
ausgedrückt, aber im letzten – unter anderem auch Titel gebendem Lied „Verderbnis“ erhoffe ich mir endlich
einen Abschluss, eine versöhnliche Zusammenfassung des Klangbildes, etwas – was
mir hilft die Puzzelteile zu ordnen.
Es erinnert vom Stil ansatzweise wieder dem vorherigen
„Schweißnebel“, schwach vielleicht noch an „Vorbei“ von der Stille EP,
allerdings mit einem anders klingendem Antrieb, hier geht zwischendurch fast
alles direkt auf die Snare woran sich auch der Gesang rhythmisch orientiert.
Dem Lied gelingt es bedingt das Album abzuschließen, das Keyboard und die
Gitarren erschaffen zwar eine vergängliche, webende Stimmung – aber gewünschte
Bündelung erfolgt nicht. Dafür fadet es recht stark und mit Nachklang aus, mehr
oder weniger so wie ich es von der Band kenne, wünsche und erwartet hatte. 7,5 Punkte
Cover:
Das Cover ist jetzt nicht sonderlich klarer als die Musik,
ein Schwarz-Weiß Foto, herunter gebrochen auf einen minimalen Kontrast an
Details eines Bandmitgliedes, wie es offensichtlich an einem Tisch sitzt
welchen man nicht sieht, dafür aber ein paar Flaschen, undefinierbare Sachen
und eine Ananas. Genau das war es schon, hat sicherlich nur 5 Minuten gebraucht
zu gestalten – sieht deswegen aber auch nicht schlecht aus, nicht wirklich
durchgeknallt aber eben halt anders und irgendwie sagt das schon einiges. Ich
finde das Cover ganz okay, aber mehr nicht.
Das Booklet ist auch sehr simpel gestaltet, schwarzer
Hintergrund mit weißer Farbe, alle Texte sind enthalten, ein Bandfoto,
merkwürdige Anspielungen mit einem seltsamen Humor, hinten noch eine kleine Zeichnung
und die herrliche Ansprache an Kanwulf. Alles da was man braucht und zwischen
den Zeilen noch mehr als man dachte.
Fazit:
Ich muss ganz unumwunden zugeben, ich verstehe Nocte Obducta
nicht wirklich in Gänze, hier zumindest am allerwenigsten, sofern es überhaupt
etwas zu verstehen gibt. Aber vielleicht ist dies der springende Punkt, welcher
an der Bewertungsskala etwas nach oben hätte drehen können, vielleicht aber
auch nicht.
Ich war aber ehrlich gesagt enttäuscht und ernüchtert, als
ich das Album zum ersten Mal in den Fingern hielt und ich müsste lügen, würde
ich sagen ich sei inzwischen damit warm geworden. Gehört habe ich es mehr als
genug um zu wissen, dass da aber auch nicht mehr viel draus wird. Es ist anders
als erwartet, auch nicht wirklich ein schlechtes Album, bietet reichlich und
vor allem überraschende Abwechslung(en) und hat klanglich einen älteren, nicht
hoch polierten Charme – aber es hat für
mich nicht wirklich einen roten Faden, lässt mir auch nicht viel übrig und
bricht auch mit sämtlichen Erwartungen, welche ich an das Album gestellt habe.
Dass ist das gute Recht der Künstler, meines ist es aber, dies in meiner
subjektiven Wahrnehmung dann auch nicht ganz so zu mögen. Sagt mir leider trotz
aller Bemühungen nicht so ganz zu wie ich es mir erhoffte.
Gesamtergebnis: 6,76
Gesamtspielzeit: 40:34
Durchschnittsdauer: 5:04
= halbe Wertung Song 4
= halbe Wertung Song 4
= doppelte Wertung Song 6
Liedqualität: 6,76
(3x)
[ 5,5 + 6 + 6,5 + (0,5*6) + 7
+ (2*7,5) + 7 + 7,5 ] / 8,5 = 6,76
Cover: 6,50 (1x)
Cover: 5,0
Lyrics: 8/8 = 10
Aufmachung: 6,0
Abwechslung: 7,0 (1x)
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