Samstag, 4. August 2012

+++ Pussy Riot – Oder warum Musik ihre Freiheit braucht +++

Das ganze ist heute mehr als nur eine News, sondern auch ein persönliches Plädoyer für Freiheit von mir selbst. Entsprechende Bereiche sind kursiv geschrieben. Es darf mir gerne ausdrücklich widersprochen werden, sollte ich eurer Meinung nach daneben liegen. Kommunikation ist alles. ;)

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Ordentlich Staub aufgewirbelt hat vor kurzem die Meldung, dass die Mitglieder von Pussy Riot für ihren provozierenden Auftritt in einer Kirche festgenommen wurden und in einem wohl alles anderem als fairen Prozess zu bis zu 7 Jahren Haft wegen „Hooliganismus aus religiösem Hass“ angeklagt werden.

In einer einmütigen Aktion hatte die maskierte, feministische Punkband Anfang Februar in der wichtigsten orthodoxen Kirche Russlands ein musikalisches Gebet inszeniert in dem sie um die Vertreibung Putins beteten. (Heilige Mutter, gesegnete Jungfrau, vertreibe Putin!)
Unter anderem kritisierten sie den Führungsstil Putins und die aggressive Einmischung der Kirche in die Wahlen, welche empfahl Putin zu wählen.

Seitdem sitzt die Band in Untersuchungshaft und letzten Monat wurde die Anklage erhoben, welche weltweit für Aufruhr sorgt. Putin und jetzt sogar die Kirche äußerten sich zwar darüber, dass man etwas milder mit den Künstlern umgehen soll, allerdings kann dies auch nur politisches Kalkül sein.

Ich lege es jedem Nahe, sich das Video anzuschauen und darüber nachzudenken, ob das ernsthaft 7 Jahre Haft wert sein soll. Manche Youtube Kommentare, ob im vollem Ernst oder im Spaß geschrieben, stimmten mich doch etwas nachdenklich und traurig.





Relativierungen wie – in muslimischen Ländern könnte es dafür die Todesstrafe geben und in anderen Ländern würde so was sicherlich härter bestraft werden, sind für mich keine Begründungen sondern  illegitime Ausreden! Aussagen wie der „satanische Veitstanz“ bereite Mitarbeitern Bauchschmerzen halte ich persönlich für lächerlich!

Und genau hier kommen wir an einen Punkt, an dem sich Kunst (Musik), Ethik und Freiheit ganz fies schneiden und offenbar nicht genug Platz für alle da ist.

Dass es in angesprochenen muslimischen Ländern teilweise aus religiösen Gründen verboten ist, bestimmte Musikrichtungen zu spielen, (Beispiel wäre u.a. Black Metal im Iran)  halte ich für – diplomatisch ausgedrückt – sehr bedauerns- und bemitleidenswert.

Es mag meiner persönlichen Grundeinstellung und Meinung entspringen – ich finde aber, dass sich vor allem Religionen viel zu sehr in die kulturellen Belange der weltlichen Gesellschaft einmischen. Wenn in Polen, ebenfalls Black Metal Bands Auftrittsverbote bekommen – macht das zwar vordergründig aus Sicht der Kirche Sinn, immerhin ist diese Musikart in der Regel genau gegen die Religion gerichtet, dies  zeugt aber nicht gerade von einem säkularisiertem Land!
Viel mehr riecht das ganze nach einem alten, verranztem Ethikdogma, welches sich noch immer Machtbereiche zuschreibt, die es in einer freien, demokratischen Gesellschaft so nicht mehr geben kann!

In einer gesunden Demokratie muss es möglich sein, so etwas frei ausleben zu dürfen. Verglichen mit der oft extrem blutigen Historie diverser Glaubensrichtungen, kombiniert mit den oftmals sehr strikten und brutalen Forderungen und/oder Auslegungen dieser, verbietet es sich gerade zu, sich zum doppelzüngigen Moralapostel aufzuschwingen wenn die textliche Kritik ebenso bösartig zurück schreit.



Natürlich ist das ab einem gewissen Punkt ein sehr heikles Thema, da alles natürlich auch nicht geht – sonst wäre der öffentlichen Diffamierung und personellen, völkischen oder sonstiger Hetze Tür und Tor geöffnet, was der Begründung „Kunst“ mehr schadet, denn entspricht, trotzdem kann nicht alles per se verboten, verurteilt oder bestraft werden, was über die üblichen Konventionen hinaus geht.

Wenn Politik ins Spiel kommt, wird das ganze manchmal noch brisanter, unsachlicher und dilettantischer. Vielleicht die passende Gelegenheit um so beim Vorbeilaufen noch zu einem Seitenhieb gegen die von mir ach so geliebte Antifa auszuholen, welche mir persönlich schon manch Konzert vermasselt hat – indem uninformierte, rufschädigende, haltlose sprich falsche Vorwürfe und Anschuldigungen bei Gemeinden angetragen wurden, was zur Absage der Konzerte führte.

Das soll auf keinen Fall ein Blankoschein für nationalsozialistische Bands sein, aber es wird wohl nicht zu viel verlangt sein, sich ausführlich, ernsthaft und reflektiert zu informieren bevor man Alarm schlägt. Den gleichen Vorwurf kann man ebenfalls den zuständigen Behören machen, welche brav abnickend – ich betonte schon: per se – verbieten.

Ein Prachtexemplar an haltloser Diffamierung ist das selbsternannte „Berliner Institut für Faschismus Forschung“ welches 2008 die Paganfest Tour in Berlin mit nahezu strafffälligen Aussagen verbieten lassen wollte. Zwar gab es auch mehr als nur zweifelhafte Reaktionen darauf, der Umgang mit allen Zuschriften, ob sachlich fundiert oder nicht – war aber mehr als nur weit ab von jeglicher Seriösität.
Ich empfehle jedem Szenefremden, sich zuerst zu informieren, bevor man sich diese Unterstellungen an tut, für interessierte aber hier der passende Link:


Musik hat schon immer provoziert und angeeckt, Musik ist unabhängig vom Genre zutiefst neutral, desinteressiert und hochpolitisch zugleich – eben komplex und nicht einfach so über einen Kamm zu scheren. Was Politik betrifft, denke man nur an die Geschichte des Punks, des Raps, vergleicht Songwriter von jetzt, über 68 bis hin zu Narrenstücken im Mittelalter. Das alles ist Kultur und alles konnte nur mit Freiheit gedeihen bzw. aus dem Wunsch nach Freiheit heraus. Musik ist eine Lebenseinstellung und Musik ist wichtig!

Das in Russland nicht gerade idealdemokratische Zustände herrschen ist kein Geheimnis, aber das momentane Verfahren halte ich für eine reine Machtdemonstration. Leider auf dem Rücken von eben Pussy Riot. Denn ins Gefängnis sollte meiner Meinung nach, niemand für kritisierende Musik. Nicht in einer selbsterklärten Demokratie!

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